Bron: Holstein International, 10/2023 blz 56-57
Tekst: Jacques Bernard, Foto: Christine Massfelder
Mit einer hohen Geschwindigkeit wird von den Konsumenten immer mehr Tierwohl verlangt. Für die Landwirte gilt es daher die Brücke zu schlagen zwischen dem Erfüllen der Kriterien und der Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe. Dabei ist es kein Geheimnis, dass sich durch ein verbessertes Liegeverhalten sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch das Tierwohl verbessert. Aber wie verbessern wir das Liegeverhalten maßgeblich? Und was ist die perfekte Lösung? Um das herauszufinden, trafen wir uns zum Gespräch mit drei Spezialisten auf dem Gebiet.
Die Kuh ist ein ehrliches Wesen. Je besser man sie versorgt, desto mehr zahlt sie einem in der Regel zurück. Dieses Prinzip der Reziprozität haben die meisten Betriebe heutzutage verstanden. Je mehr sie in das Wohl ihrer Tiere investieren, desto gesünder und wirtschaftlicher sind sie. Denn am Ende ist vor allem ein Parameter ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit und das ist die Lebenstagleistung. Diese steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Liegeverhalten der Kühe, denn je mehr Zeit eine Kuh am Tag liegen kann, desto höher ist ihre Milchproduktion. Die Faustzahl beträgt hierbei eine um etwa 1,5 bis 2,0 kg höhere Milchleistung je Stunde, die die Kühe am Tag länger liegen können. Wer die durchschnittliche Liegezeit seiner Kühe von elf auf dreizehn Stunden pro Tag erhöhen kann, der kann also von einer Leistungssteigerung von 3,0 bis 4,0 kg je Kuh und Tag ausgehen. Und damit aber noch nicht genug, denn neben der höheren Leistung werden die Klauen und Gelenke durch die verlängerte Ruhephase entlastet, was die Nutzungsdauer positiv beeinflusst.
Der Schritt, den Liegekomfort zu verbessern hat also einen wesentlich höheren Return of Invest als meistens angenommen wird. In dem Punkt sind sich unsere Experten alle einig und auch sonst vertreten sie allgemein die gleichen Ideen und verfolgen ähnliche Ziele. Wenn wir von Experten sprechen, dann meinen wir damit zum einem Jehannes Bottema, der CEO der niederländischen Firma Spinder und zum anderen Jens Christian Hertel, der CEO der dänischen Firma Cow-Welfare. Der dritte Spezialist im Bunde ist Robert Nugteren, der Engineering Manager von der kanadischen Firma Promat Inc. Die drei Firmen stehen mit ihrer jeweiligen Produktpalette zwar in Konkurrenz, jedoch gibt es viele Parellelen in deren Philosophien. Alle haben sie hohe Ansprüche an ihre Produkte und wollen, dass diese langlebig und nachhaltig sind, wodurch sie sich jeweils zu den etwas teureren Anbieter in ihrem Segment ansehen. Zudem produzieren sie alle auf Vorrat, sodass es für jedes Produkt eine recht kurze Lieferzeit gibt, selbst wenn es sich um größere Projekte handelt. Wichtig ist ihnen auch, dass die Produktion und das technische Know-How an einem Standort sind, damit es kurze Kommunikationswege gibt bei der Entwicklung und Optimierung der Produktpalette. Auf den ersten Blick mag das vielleicht alles unspektakulär wirken, aber das sind sicherlich Faktoren, die neben einer kompetenten Beratung, den Produkten nicht nur einen höheren Preis verleihen, sondern viel mehr einen sehr großen Wert für den Kunden bedeuten. Sie erahnen es wahrscheinlich schon, dass bei so vielen Gemeinsamkeiten, auch die Herausforderungen identisch sind. Nugteren kommentiert diese wie folgt: „Wir stellen Produkte für die Kühe und deren Wohl her, welche wir aber an den Menschen verkaufen müssen.
Wer sich mit einem Stuhl in den Stall setzt, der bemerkt schnell, dass die Kühe einem ihre Story erzählen. Sowohl die Story des Stalles als auch die Story des Landwirtes
Und oft liegt der Unterschied dabei im Detail.“ Ein Beispiel zu einer Aussage ist, dass viele Kunden bei Matratzen den bekannten Kniefalltest machen und dabei aber nicht unterscheiden können zwischen einer hochwertigen und einer minderwertigen Matratze, einfach aus dem Grund, weil sie um ein Vielfaches leichter sind als ihre durchschnittliche Kuh im Stall.
Natürlich wollen wir wissen, was die perfekte Lösung ist, denn das interessiert nicht nur uns, sondern auch diejenigen die vielleicht gerade dabei sind in diesem Bereich zu investieren. „Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, für wen die Lösung perfekt sein muss.“, beginnt Hertel das Wort zu ergreifen. „Für die Kuh ist eine großzügige Liegefläche auf weichem Untergrund mit gutem Grip mit Abstand das Beste. Deshalb wird bei uns hier in Dänemark sehr viel mit Sandtiefboxen gebaut, welche wiederum den Nachteil haben, dass man einen hohen Arbeitsaufwand und einen großen Materialverschleiß hat.“ Bottema ergänzt dazu: „Wir müssen immer betriebsindividuell entscheiden, was die beste Lösung ist. Dabei müssen wir klären, welches Einstreumaterial überhaupt zu einem vernünftigen Preis vorhanden ist, aber auch wer die Arbeit täglich macht und wie sie gemacht wird. So kann es sein, dass das Wasserbett für den Liegekomfort die zweitbeste Option ist, für den Landwirt aufgrund der Arbeitserleichterung aber die einzig richtige Option darstellt.“ Bei jedem der drei Experten ist das gleiche Kredo herauszuhören: „Die perfekte Lösung gibt es nicht.“ Am Ende des Tages muss für jeden Kunden eine passende und Lösung gefunden werden, damit der Tierkomfort bestmöglich ist und die Liegezeiten erhöht werden können. Es muss auch immer bedacht werden, dass jede kleine Verbesserung der Umstände, schon einen Impakt auf das große Ganze hat. Dies gilt vor allem für Umbauarbeiten.
Um längere Liegezeiten zu erreichen kann an zweierlei Schrauben gedreht werden. Erstens an der Technik und Ausrüstung und zweitens am allgemeinen Management im Betrieb. „Bevor wir etwas verändern wollen, müssen wir uns die Zeit nehmen, um die Kühe zu observieren. Wer sich mit einem Stuhl in den Stall setzt, der bemerkt schnell, dass die Kühe einem ihre Story erzählen. Sowohl die Story des Stalles als auch die Story des Landwirtes und anhand dessen müssen wir uns weiterentwickeln.“, erklärt Nugteren seine Vorgehensweise. Wenn wir von der Technik sprechen, dann sind es allgemein bekannte Dinge die zu beobachten sind. Zum Beispiel wie lange stehen die Kühe in der Liegebox bevor sie sich hinlegen oder wie verhalten sie sich beim Aufstehen. Auch der Verschmutzungsgrad des hinteren Teils der Liegeboxen gibt Auskunft darüber, ob die Kühe sich gerade hinlegen oder ob etwa der Nackenriegel angepasst werden muss. Die Box sollte nämlich sauber bleiben, um einerseits die Hygiene hochzuhalten und andererseits den Arbeitsaufwand zu minimieren. „Es reicht aber nicht nur aus, sich mit der Technik zu befassen, um höhere Liegezeiten zu erreichen, muss das schwächste Glied der Kette ausfindig gemacht werden. Diese können etwa auch zu lange Melkzeiten oder Überbelegung sein. Es muss verstanden werden, dass das Maximum nicht immer das Optimum ist, denn mit jeder Kuh, die zu viel im Stall ist, sinkt die Liegezeit der ganzen Herde.“ beschreibt Bottema, der angibt, dass außerhalb der Fütterungs- und Melkzeiten etwa 80% der Herde liegen sollte, damit eine höchstmögliche Produktivität erreicht wird.
Wie bereits oben beschrieben handelt es sich bei den drei Firmen um Anbieter hochwertiger Produkte, auf das Liegeverhalten bezogen sind das, Liegeboxenbügel sowie Matratzen. Im Folgenden wollen wir einen kurzen Blick auf die spezifischen Angebote werfen, welche ihre Unterschiede lediglich im Detail haben. Cow-Welfare ist zum Beispiel spezialisiert auf flexible Liegeboxenbügel. „Das besondere ist, dass die Abtrennungen hinten offen sind, sodass die Kühe von der Kopffreiheit profitieren können, um die letzten Schritte seitlich aus der Box zu gehen, dadurch wird weniger Einstreumaterial aus der Box geschaufelt.“, erklärt Hertel das Konzept. Als Matratze empfiehlt Hertel eine Latex Matratze, die eine Neigung von 3,6% hat und im Kniebereich weicher ist und im Bereich der Hinterbeine einen optimalen Grip bietet. Ein ähnliches Grundkonzept hat die Matte von Promat Inc., welche auch zwei verschiedene Zonen hat. Der weiche Kniebereich besteht hierbei aus einem speziellen Schaum. Nugteren vergleicht eine gute Liegebox gerne mit eine Boxspringbett, wo Bequemlichkeit großgeschrieben wird. Desweiteren hat Promat Inc. Verschiedene Lösungen für Spezialbereiche wie Abkalbe- oder Schaukuhboxen.
Spinder hat einen großen Erfahrungsbereich in Sachen Wasserbetten und verweist auf einen Kundenstamm von über 1‘500 Betriebe, welche über solche verfügen. Außerdem haben sie eine große Auswahl an Liegeboxenabtrennungen, darunter auch ein Hybrid-Modell, die Fitbox. Die Fitbox ist eine Kombination aus massiven Fiberglas-Stäben (3cm), und einer hinteren Verbindung sowie Klemmen aus Stahl.Interessant sind zudem die gewellten Nackenrohren, deren Funktion es ist, dass die Kühe sich gerader hinlegen.